Zusammen führen statt gemeinsam einsam

Zusammen führen statt gemeinsam einsam

Wann werden Menschen zusammen schlauer, wann dümmer? Diese Frage ist meines Erachtens so essentiell wichtig für die zukünftige Gestaltung von Organisationen, dass auch der März Blog sich einer Studie zu diesem Thema widmet. Dabei wird deutlich, wie wesentlich das Verständnis dieses Phänomens ist, um destruktive Effekte hemmen und konstruktive Effekte unterstützen zu können. 2011 untersuchten Forscher der ETH Zürich den sogenannten wisdom of the crowd effect mit 144 StudentInnen ihrer Hochschule. Sie kamen zu dem Schluß, dass sogar geringer sozialer Einfluss die Weisheit der Masse untergräbt und jeglicher sozialer Einfluss daher minimiert werden sollte. Doch dies gilt lediglich für eine ganz bestimmte Definition der Weisheit der Masse (als ein der Wahrheit nahe kommender mathematischer Durchschnitt einzelner Antworten auf faktische Fragen, da einzelne Schätzfehler sich gegenseitig herausstreichen) und es gilt nur unter ganz bestimmten Bedingungen, die in der Studie abgebildet wurden: Isolierte Einzelarbeit mit individuellen monetären Anreizen, ohne geteilte Ziele und ohne soziale Interaktion.  ‚Sozialer Einfluss‘ bezog sich hier lediglich auf Informationen über Antworten anderer Personen, die auf dem eigenen Bildschirm zur Verfügung gestellt wurden. Der Studienaufbau In 12 Sitzungen à 12 Personen wurde den TeilnehmerInnen sechs einfache Schätzaufgaben bzgl. geographischer Daten oder Kriminalitätsstatistiken gestellt.  Sie saßen getrennt voneinander in Arbeitskabinen ohne jeglichen Kontakt, weder visuell noch verbal oder virtuell. Jeder hatte allein und isoliert über einen Computer seine Schätzung abzugeben: auf eine Frage jeweils 5 Schätzungen, die in aufeinanderfolgenden Runden überdacht und adaptiert werden konnte. Hierfür wurde zwischen diesen Schätzrunden Information über die Antworten der anderen Testpersonen an die Teilnehmer verteilt: In Variante A der Durchschnitt aller 12 Schätzungen der Vorrunde, in Variante B alle Einzelschätzungen aus allen Runden...
Der Zauber Kollektiver Intelligenz

Der Zauber Kollektiver Intelligenz

„Wenn ich 50% Frauen im Team habe, aber die Diskussion in den Konferenzen zu 70% von Männern geführt wird, bringt mir das auch nichts.“ (Katharina Borchert, Chief Innovation Officer Mozilla im ZEIT Online Interview). Was hat das mit kollektiver Intelligenz zu tun? Sind Männer ‚kollektiv dumm‘? Was ist es, das kollektive Intelligenz entstehen lässt oder vernichten kann? Dies erklärt eine Studie, die meine Forschungen seit Beginn meiner Dissertation 2010 geprägt hat, denn sie stellt eine Kernfrage der menschlichen Zusammenarbeit:  wann werden Menschen zusammen klüger, wann dümmer? Die Erkenntisse der Studie öffnen einen Türspalt zu der Magie, die ein Ganzes mehr werden lässt als die Summe der Teile. Sie können den Boden bilden für ein neues Bild von Organisationen. Besitzen Gruppen so etwas wie eine Allgemeine Intelligenz? ForscherInnen vom MIT Center for Collective Intelligence und der Carnegie Mellon University, Pittsburgh, wollten wissen, ob das, was seit mehr 100 Jahren für Individuen erforscht wird, auch für eine Gruppe von Menschen existiert: Eine Allgemeine Intelligenz, die über die unterschiedlichsten Aufgaben hinweg sichtbar ist und Leistungsvermögen für anstehende Aufgaben vorhersagen kann. Und wenn sie existiert, worauf sie zurückzuführen ist. Hierfür ließen die Forscher insgesamt 700 TeilnehmerInnen in fast 200 Teams à 3-5 Mitgliedern verschiedenste Gruppenaufgaben bearbeiten. Von Puzzles über Brainstorming und Ressourcenverhandlungen bis zum Fällen von moralischen Urteilen. Vor jeder Sitzung wurden die individuellen Intelligenzquotienten gemessen. Beendet wurden die Sitzungen mit einer komplexen Aufgabe als Leistungsreferenz. Und tatsächlich: die jeweiligen Leistungen eines bestimmten Teams bei den verschiedenen Aufgaben standen miteinander in einem positiven Zusammenhang. Hieraus konnte ein Faktor ermittelt werden, der ca. 43-44% aller Unterschiede in den Leistungen der verschiedenen Teams erklärte. Erstaunlich,...